Ich bin ja grundsätzlich
sehr zufrieden mit meinem rollenspielerischen Umfeld. Es gibt kaum
ein Spiel, für das ich keine Mitspieler zum Ausprobieren finde.
Falls doch mal ein Spiel dabei ist, dass abgelehnt wird (oder bei dem
ich gar nicht erst fragen brauche – ich kenne ja meine
Pappenheimer), gibt es immer noch die Tanelorn-Treffen. Und
inzwischen kenne ich auch einen Kreis indie-interessierter
Dramafreunde auf der Drachenzwinge.
Mit Teilen der Besetzung,
mit der ich bereits zwei großartige Monsterhearts-Runden spielen
konnte, haben wir vor kurzem GxB – Girl x Boy von Atarashi Games
ausprobiert. Eigentlich wollten wir die Blood of Misty
Harbor-Kampagne zu Ende spielen, aber der SL konnte nicht. Also wurde
kurzerhand ein weiterer Freiwilliger gefunden und nach einigem hin
und her und einer Terminverschiebung war es dann so weit.
Damit das hier kein reiner
Spielbericht wird, beginne ich mal mit einer kurzen Zusammenfassung
bzw. Rezension von GxB:
Das Spiel ist einer
japanischen Dating Sim nachempfunden. Momoko ist neu an der Atarashi
High School (dem generischen Setting für alle Anime-Spiele von
Atarashi Games) und hat beschlossen, das es an der Zeit ist, sich zu
verlieben. Für dieses Unterfangen kommen drei Mitschüler in Frage.
Der Bad Boy Ichigo, der Streber Takemichi und die Jahrgangssprecherin
Risa.
Also geht Momoko auf
drei Dates. Während jedes Dates dürfen die beteiligten Spieler nur
in Charakter reden oder die Handlungen ihrer Charaktere beschreiben.
Die anderen beiden Spieler fungieren als Spielleiter für die
jeweilige Szene und sind dafür verantwortlich, das allerlei
peinliches Geschieht. Immer dann, wenn ihr Date etwas romantisches,
nettes, lustiges oder sonst wie bemerkenswertes tut, vergibt die
Spielerin von Momoko eine Spielkarte. Derjenige Charakter, der am
Ende die meisten Herzkarten erhalten hat, ist Momokos Auserwählte(r).
Der Umschlag von GxB lässt keine Fragen offen |
Das ist im Prinzip auch
schon das ganze Spiel. Die Regeln kommen als voll farbiges Softcover
daher, im Format 26x14cm. Die Seiten sind wie ein Schulblock
aufgemacht, die Illustrationen sind allesamt charmante
Manga-Zeichnungen. Mit nur 24 Seiten ist das Heft etwas dünn, aber
bei einem Preis von 9,95€ (beim Sphärenmeister) finde ich das in
Ordnung. Das Pdf kann man bei DrivethroughRPG teilweise günstiger
bekommen.
Pluspunkte sind die
Charakterkarten am Ende des Buchs, die es auch als Download auf der Herstellerseite gibt, sowie die Zusammenfassung der Regeln in Comicform – übrigens ein Feature aller Atarashi-Anime-Spiele.
Aber genug der Vorrede,
wie ist es im Spiel gelaufen?
Nach einer kurzen
Erklärung wurden die Rollen verteilt. Momoko wurde von Nocturama
übernommen, Risa von Narrenspiel, Ichigo von Harekrishnaharerama und
Takemichi von mir. Das Spiel lief über den Teamspeak-Server der
Drachenzwinge, für den Spielkarten-Mechanismus haben wir Roll20
verwendet.
Momoko entschloss sich als
erster, Takemichi auf ein Date einzuladen. Die Spielerin von Momoko
entscheidet immer, ob sie selbst einlädt, oder eingeladen wird. In
diesem Fall fragte sie Takemichi nach der Schule, ob er sie nach
Hause begleiten wolle. Nach der Einladung legt die Begleitung drei
Aktivitäten für das Date fest. Takemichi lud Momoko ein, ihn zur
Hausaufgabenhilfe zu begleiten, die er nach der Schule geben musste.
Danach könnten sie in einer Bäckerei vor der Schule etwas essen,
bevor er sie nach Hause begleiten würde.
Sobald es los ging, legten
Narrenspiel und Hare auch gleich mit den Komplikationen los. Der
Schläger Kato saß in der Hausaufgabenhilfe und machte Ärger, und
eine Lehrerin erzählte Takemichi von einer tollen Gelegenheit, den
Mathewettbewerb zu gewinnen, wenn er länger bliebe um zu üben.
Nebenbei war Zeit für viel „teenage awkwardness“ und hochrote
Köpfe. Das wurde auch nicht besser, als die beiden die Bäckerei
erreichten, in der Takemichis Mutter mit einer Nachbarin und deren
Tochter Kaori saß. Scheinbar sollte Takemichi mit Kaori verkuppelt
werden, der ließ diese aber stehen, um Momoko zu begleiten. Auf dem
Rückweg – im strömenden Regen – rettete Takemichi noch eine
Katze und lief mit Momoko vor Kato und seiner Gang weg.
Am Ende des Dates geben
die beiden „Spielleiter“ Momoko zwei Handlungsoptionen: Eine ist
ein Bisschen peinlich, bringt die beiden Datenden sich aber näher,
die zweite ist abweisend. Je nachdem, was Momoko auswählt, gibt es
Zusatzkarten oder es werden Karten abgezogen. Momokos Optionen nach
dem ersten Date waren einerseits den durchnässten Takemichi vor
ihrer Haustür stehen zu lassen, andererseits ihm ihre Jacke
mitzugeben. Momoko entschied sich für letzteres, was drei
zusätzliche Karten für Takemichi brachte. Mit 8 Herzen legte
Takemichi einen großen Vorsprung vor.
Date zwei fand mit Risa
statt. Die Jahrgangssprecherin fragte Momoko, ob sie mit ihr zum
Kirschblütenfestival gehen wolle – unter dem Vorwand, das sie dort
eine Menge ihrer Mitschüler kennen lernen könne. Auf dem Festival
stießen die beiden aber auf die Freundinnen von Risa, zu denen auch
Kaori gehörte. Die war immer noch sauer wegen des Zwischenfalls mit
Takemichi und wollte Risa dazu bewegen, Momoko allein zurück zu
lassen. Risa setzte sich aber für Momoko ein und so machten die
beiden sich daran, den Tag zu genießen. Ein Zwischenfall beim
Kleider anprobieren – neues Kleid plus Eiskugeln vertragen sich
nicht – ging es zur nächsten Aktivität.
Risa sollte mit ihrer Band
beim Festival auftreten. Aber es gab Probleme mit Make Up und
Kleidung, die Momoko lösen könnte. Als dann auch noch die Technik
streikte, legte Risa eine Unplugged-Spontannummer für Momoko hin.
Als die beiden endlich beim abendlichen Feuerwerk beieinander saßen,
waren Momokos Optionen sich von Risa umarmen zu lassen und sich an
sie zu schmiegen, oder aber vor dem physischen Annäherungsversuch
zurück zu schrecken. Auch hier entschied sich Momoko für die
positive Option. Allerdings konnte Risa trotz vieler verdienter
Karten nur vier Herzen verbuchen.
Auf ging es zu Date Nummer
Drei. Ichigo lud Momoko zum Volleyball spielen nach der Schule ein.
Die übrigen Aktivitäten waren dem Bad-Boy-Image angemessen: Nacht
unter Momokos Fenster auftauchen und heimlich Schwimmen zu gehen.
Aber zuerst stand Volleyball auf dem Programm, und natürlich gehörte
Kaori zu den Mitspielerinnen. Diese ließ sich darüber aus, das sie
am letzten Wochenende so viel Spaß mit Ichigo gehabt habe und konnte
sich wiederum einige schnippische Bemerkungen über Momoko nicht
verkneifen. Als Ichigo sie abblitzen ließ, schmetterte sie Momoko
den Ball an den Kopf. Beim Versuch, Momoko zu beschützen, landete
Ichigo dann prompt auf der am Boden liegenden Mitschülerin...
Schnitt in die Nacht.
Momoko steht peinlich berührt im Nachthemd am Fenster, lässt sich
von Ichigo aber überreden, mit zum Schwimmen zu fahren. Während die
beiden mit dem Moped unterwegs waren, trafen sie auf Ichigos Freunde,
die einige anzügliche Bemerkungen fallen ließen, die Momoko sehr
zusetzten. Ein Anruf von Kaori, die Ichigo zu sich nach Hause einlud,
und ein sich ankündigendes Gewitter erschwerten die Situation
weiter. Die Szene am Badesee war dann einerseits so herrlich
peinlich, wie es nur Teenie-Liebesgeschichten sein können,
andererseits aber so witzig, das ich lachend am PC saß. Als die
beiden Schüler schließlich im strömenden Regen vor Momokos Haus
standen, waren ihre Optionen Ichigo in ihrem Zimmer übernachten zu
lassen, oder ihn nach Hause zu schicken. Und auch hier entschied sich
Momoko für die positive Variante, was Ichigo auf insgesamt fünf
Herzkarten brachte.
In der Szene am Badesee
hatten wir übrigens eine interessante Entwicklung. Während die
Dates mit Risa und Takemichi sehr „vanilla“ waren, schwang hier
schon unterschwellig das Thema Sex mit. Wohl dadurch bedingt war ein
Vorschlag für Momokos Handlungsoptionen am Dateende, das sie und
Ichigo miteinander schlafen würden. Darüber mussten wir ein wenig
diskutieren, da das einerseits nicht so recht zu Nocturamas
Darstellung von Momoko passte, andererseits die lockere Grundstimmung
radikal verändert hätte. Aber dank der Mitspieler, die alle an
einem Strang zogen, war das schnell zu unserer aller Zufriedenheit
geklärt.
Blieb nur noch die Szene,
in der Momoko ihrer wahren Liebe genau diese gestand. Mit acht Herzen
war Takemichi der klare Sieger, obwohl sein Date eigentlich nur aus
einer Aneinanderreihung diverser Debakel bestand. Nach der Schule
überreichte eine nervöse Momoko Takemichi einen selbstgezeichneten
Manga, in dem sie ihm ihre Liebe gestand. Jetzt hat der Spieler den
Regeln nach die Möglichkeit, Momoko abzuweisen, aber das passte
einfach nicht zur Stimmung. Also zeichnete Takemichi in das letzte
Panel, das noch frei war, ein Bild von den beiden, wie sie Händchen
hielten. Und gemeinsam verließ das frischgebackene Paar die
Schule...
Mein Fazit: GxB ist
thematisch sicher sehr speziell. Die Spieler müssen genau das
wollen, was das Spiel vorgibt. Eine Grundstimmung, die light hearted
und komisch daher kommt, mit ein paar peinlichen Momenten und ein
wenig Romantik angereichert. Die Regeln bieten keine Regeln, um diese
Stimmung zu forcieren, sondern nur den Rahmen für die Handlung. Wenn
die Spieler dann nicht auf der gleichen Wellenlänge sind, kann das
Spiel sicherlich auch entgleisen.
In dieser Runde war das
nicht der Fall und ich bedanke mich bei meinen Mitspielern für einen
Abend mit viel Gelächter und Teenie-Drama. Das Spiel ist eindeutig
für Fans von Animes wie Princess Princess, Ah! My Goddess oder TokyoMarble Chocolate gemacht. Wenn ihr zur Zielgruppe gehört, lohnt sich
ein Blick auf jeden Fall.