(Wer sich mit den Grundmechaniken
vertraut machen möchte, liest sich am besten nochmal die Rezension
durch.)
Das Setting haben wir einfach
ausgewürfelt. Das Ergebnis lautete “A City, near a Mighty River,
in Scotland“. Da haben wir dann kurzerhand Falkirk draus gemacht,
Fluss hin oder her. Auch die Themes haben wir ausgewürfelt. Es
wurden „Unlikely Bedfellows“ und „Betrayal“.
Dann ging es reihum an die
Charaktererschaffung. Da wir nur zu dritt waren (Jens, Henning und
ich), erschuf jeder Spieler drei Charaktere. Der fertige Cast sah
dann wie folgt aus:
Jens:
Älteste Tochter der Familie McDunnan
Nature: Thoughtful Woman of Honor
Motivation: Die Wahre Liebe finden
Oath: Niemals der Familie McDunnan zu
schaden
Reynar
Bischof von Falkirk
Nature: Sophisticated Schemer
Motivation: Mutter Kirche ihren
rechtmäßigen Anteil sichern
Oath: Niemals den weltlichen
Versuchungen nachgeben
Helen
Zofe von Lady McDunnan und geliebte des
Lords von Falkirk
Nature: Loving Fool
Motivation: Den Fürsten der Stadt zu
heiraten
Oath: Niemals die Liebe aufgeben
Henning:
Sir Gregor
Erster Ritter von Lord McAallister
Nature: Puritanical Moper
Motivation: Den Ausgleich zwischen den
Häusern McAllister und McDunnan erreichen
Oath: Den Eid zu seinem Herrn immer
Treu zu halten
Lady McDunnan
Fürstin von Falkirk, Ehefrau des Lords
Nature: Knavish Tyrant
Motivation: Ihren Gatten zu töten und
die Herrschaft an sich zu reißen
Oath: Niemals einen Mann ihr Herz
erobern zu lassen
John
Sekretär und Bastard des Bischofs
Nature: Helpful Rake
Motivation: Judith zu heiraten
Oath: Niemals der Stadt Schaden zufügen
Meine Charaktere:
Robert McAllister
Sohn von Lord McAllister
Nature: Rakish Fool
Motivation: Lady McDunnan beim Mord an
ihrem Gemahl zu helfen
Oath: Sich niemals gegen die Kirche zu
stellen
Lord McDunnan
Lord von Falkirk
Nature: Boastful Villain
Motivation: Judith an den Sohn seines
Rivalen zu verheiraten, um an dessen Reichtum zu gelangen
Oath: Niemals eine Beleidigung seines
Hauses zu vergeben
Sir William
Sheriff von Falkirk
Nature: Brutish Dullard
Motivation: John beim Bischof in
Ungnade zu stürzen
Oath: Lord McDunnan zu beschützen
Robert, Judith und Sir Gregor wurden
jeweils als Protagonisten ausgewählt, aber Robert wurde in der 11.
Szene durch einen Monolog von Sir William abgelöst. Grundidee
während der Charaktererschaffung war eine Hochzeit zwischen den
verfeindeten Häusern McAllister und McDunnan. Das zukünftige
Brautpaar und der Abgesandte des feindlichen Fürsten sollten als
Hauptpersonen im Mittelpunkt stehen. Das kam allerdings etwas anders,
sobald die Geschichte an Dynamik gewonnen hatte.
Insgesamt wurden 18 Szenen gespielt,
bevor alle Protagonisten tot oder verheiratet waren. Ich werde jetzt
nicht jede Szene im Detail nacherzählen, sondern einfach eine
Zusammenfassung schreiben. Also: Vorhang auf!
Die Tragödie beginnt
Bischof Reynar und Lord McDunnan
berieten über die zukünftige Verbindung zu den McAllisters, als der
Bote Sir Gregor in Falkirk eintraf. Er brachte die Bedingungen der
Eheschließung. Alle Ländereien südlich des Flusses sollten an
MacDunnan fallen, dafür würde Robert die Länder halten, bis der
Sohn der McDunnans volljährig wäre. Man stimmte zu und Sir Gregor
sandte einen boten, um Robert nach Falkirk zu rufen.
Dieser war indes schon in der Stadt, wo
er sich im Garten der Burg mit Lady McDunnan traf, um den Mord am
Lord zu planen. Beide merkten nicht, dass Judith das Gespräch
belauschte, während die Lady den jungen Draufgänger anstachelte,
ihren Mann schnell zu töten. Robert war bereit und wollte schnell
drauflos stürmen.
Der Bischof seinerseits plante mit
seinem Sohn John, wie sie sich gegen den Lord behaupten und sich an
der Hochzeit bereichern konnten. Während sie so ihre Ränke
schmiedeten, kam Sir William in die Kanzlei, um den Ehevertrag
abzuholen. Mittels eines Asides legte ich fest, dass er die beiden
hinter der offenen Tür belauschte, während der Bischof offen mit
seinem Bastard sprach, und der Sheriff so die familiäre Bindung der
beiden erfuhr. Als er eintrat und den Bischof um den Vertrag bat,
gerieten er und John noch in einen kurzen Streit.
Währenddessen brachte Helen Sir Gregor
in die Gästekammer, während sie versuchte, den Grund fr seinen
Besuch in der Stadt zu erfahren. Helen war allerdings eine eher
simple Seele, der Sir Gregor zwar enthüllte, was es mit der
kommenden Hochzeit auf sich hatte, ihr aber auch mit dem Tode drohte,
falls sie davon spräche. Denn die Armee der McAllisters sei in den
Hügeln vor der Stadt verborgen, um jedem Verrat durch die McDunnans
zu begegnen.
Hier nahm Jens den ersten Aside, damit
Helen sofort eine Szene außer der Reihe erhielt. In dieser Szene
warnte sie den Lord vor der Armee, aber die beiden wurden von Lady
McDunnan ertappt. Nachdem die Lady mit halbgaren Erklärungen
abgespeist worden war, hielt der Lord den ersten Monolog des Abends.
In diesem verfluchte er die verräterische Ader der McAllisters und
versprach, Sir Gregor zu erschlagen, sobald es Zeichen des Verrats
gab. Sir Gregor war also Foreshadow'd und konnte ab jetzt zu jeder
Zeit getötet werden.
Zur gleichen Zeit sprachen Judith und
John im Beichtstuhl der Kirche miteinander. John erzählte seiner
Angebeteten von der beschlossenen Hochzeit, sie wiederum erzählte
von dem vermummten Fremden, den sie mit ihrer Mutter gesehen hatte.
Während des Gesprächs betrat Robert die Kirche, um zu beten. Der
junge Narr benahm sich hochnäsig und arrogant, so das John ihn
zurecht wies. Nachdem Robert gegangen war, folgte ein Monolog Johns,
in dem auch der Tod Roberts foreshadow'd wurde.
Helen und Sir William tragen indessen
in der Burgküche aufeinander. Beide waren nicht unbedingt die –
sagen wir einmal – schärfsten Messer in der Schublade. Sie
erzählten von den Ränken, die den Lord bedrohten, und waren
entsetzt von dem, was sie vom jeweils anderen erfuhren. Beide waren
in heller Aufregung und Sir William war bereits in die Stadt
gestürmt, als Lady McDunnan die Küche auf der Suche nach Helen
betrat. Sie gab ihrer Zofe eine Flasche, die sie dem Lord bringen
sollte, angeblich ein Geschenk von Sir Gregor. Da die Zofe dem Ritter
misstraute, trank sie die Flasche selbst aus.
Die Küchenszene war von Jens geframed
worden (bzw. er war der „Barde“ für die Szene), und obwohl Helen
nicht foreshadow'd war, erzählte er ihren Tod durch das Gift in der
Flasche, wodurch er sofort eine Todesszene für die Zofe erhielt. In
der Sterbeszene warnte die Zofe ihren geliebten Lord vor der Armee
der McAllisters und erzählte von dem Gift. Dann hauchte sie in den
Armen ihres Geliebten ihr Leben aus. Dieser rief sofort nach dem
Sheriff, um Sir Gregor hinrichten zu lassen.
Helens recht früher Tod war
überraschend, aer passte gut in die Geschichte, die sich zu
entwickeln begann. Es wurde auch direkt beschlossen, dass die Zofe
als Geist wiederkehren sollte.
In seinen Gemächern sinnierte Sir
Gregor gerade über die bösen Vorzeichen, die er für die Hochzeit
sah, und die Gefahr, die beiden Häusern drohte. Da stürmte Sir
William mit den Wachen den Raum, aber mittels eines Asides konnte er
durch einen Geheimgang fliehen.
Schließlich war es an der Zeit, dass
die beiden Versprochenen sich kennen lernen sollten. Im Thronsaal
stellte Lady McDunnan ihre Tochter Robert vor. Judith war allerdings
alles andere als angetan und fauchte die Lady an, woraufhin sie aus
dem Saal gebracht wurde. Robert indes ließ sich von der Lady noch
einmal anstacheln, Lord McDunnan bald umzubringen. Als Robert sich
aufmachte, folgte ein Monolog der Lady, in dem auch der Lord
foreshadow'd wurde.
Später stellte die Lady ihre Tochter
zur Rede. Sie hielt ihr eine Standpauke über die Erbfolge und die
Vorzüge Roberts, wies sie aber auch darauf hin, wie gut eine Lady
ihren Gatten lenken könne. Aber die Tugendhaft Judith ließ sich
davon nicht beeindrucken. Mittels eines Asides etablierte die Lady,
dass sie die Gespräche zwischen John und Judith von Spitzeln
zugetragen bekäme. War ihr den einfiele, sich mit einem mittellosen
Sekretär einzulassen? Bevor Judith ihre Verteidigung für John
beenden konnte, betrat Sir William das Gemach. Der Lord habe erkannt,
dass die Lady die Flasche mit dem Gift an Helen gegeben hatte,
weswegen er seine Frau in den Kerker gebracht haben wollte. Die Lady
wehrte sich zwar mit allen Argumenten, aber der treue Sir William war
unbeugsam und brachte die Lady fort. Daraufhin hielt er seinen
Monolog, in dem er über die tiefen Wurzeln von Verrat und Missgunst
sprach. Der Monolog beleuchtete das Thema „Betrayal“, weswegen
Sir William zum Protagonisten aufstieg.
Am Abend brachten der Bischof und John
die fertigen Verträge zum Lord. In seinem Audienzzimmer unterhielten
sie sich über ihre Pläne, als der Lord auftrat. Ein Aside des Lords
legte fest, dass Sir William ihm von der Verwandtschaft der beiden
Kirchendiener erzählt hatte. Er trat zu ihnen, und als John den Mund
öffnete, verplapperte ich mich in der Rolle: Obwohl die
Verwandtschaft nicht thematisiert wurde, rutschte mir ein „Hört
auf euren Vater!“ heraus. Und daraus entwickelte sich eine
wundervolle Szene, in der der Bischof den Lord überreden konnte, den
McAllisters nicht den Krieg zu erklären, ihn zur Scheidung von der
Lady bewegte und die Vormundschaft über den Sohn des Lords erringen
konnte. Der Lord war beinahe besnftigt...
...da wollten wir die Boten-Mechanik
ausprobieren. Wir würfelten also eine Nachricht aus, die den Lord in
diesem Moment erreichen sollte. Das Ergebnis, „A Puritan has
flogged a Knave“, passte auf Sir Gregor und Lady McDunnan. Deswegen
beschlossen wir kurzerhand, Sir Gregor habe die Lady auf dem Weg in
den Kerker erschlagen, da sie ihn für den Giftanschlag
verantwortlich gemacht habe. Nun saß der Ritter im Kerker. Der Lord
kochte natürlich vor Zorn. Die Szene endete mit einem „McDunnan
zur Ehr, und Falkirk zur Wehr. Der Lord ab!“
In der Nacht weilte Robert im
Burggarten, wo er über den unvermeidlichen Krieg der beiden Häuser
nachsann. Durch einen Aside kam Sir Gregor hinzu, der im Off gerettet
worden war. Beide waren entschlossen, den McAllisters zum Sieg zu
verhelfen, und flohen aus der Stadt, um sich ihrer Armee
anzuschließen.
Am nächsten Morgen bereitete sich Lord
McDunnan darauf vor, in die Schlacht zu reiten. Da trat Judith zu
ihrem Vater, um sich mit ihm auszusprechen. John, der auch dazu kam,
wurde vom Lord als zukünftiger Gemahl für seine Tochter abgelehnt.
Vielmehr beschuldigte er den Bastard sogar, die Ehre seine Hauses zu
beflecken. Judith sprach herzergreifend für ihren Geliebten, so das
McDunnans Herz erweicht wurde. Er brach seinen Schwur, jede Kränkung
seiner Ehre zu vergelten, schlug John zum Ritter und versprach ihm
die Hand seiner Tochter. Dann ritt er, mit John an seiner Seite in
die Schlacht.
Und ich sehe gerade an meinen
Aufzeichnungen, dass wir den Lord in dieser Szene ein zweites Mal
foreshadow'd haben. Nicht aufgepasst, aber wir waren zu dem Zeitpunkt
auch tief in der Geschichte „drin“.
Auf dem Schlachtfeld trafen sich Die
Ritter William und Gregor. Beide warfen sich die Untaten ihrer Herren
vor und beschimpften sich. Da tauchte Helens Geist auf, was Gregor
sichtlich einschüchterte, da sie ihm vorwarf, er habe sie getötet.
Einen kurzen Monolog von Gregor später war allerdings auch Sir
William foreshadow'd und beide Ritter erschlugen sich gegenseitig. In
der gemeinsamen Sterbeszene trafen die Geister der Ritter auf Helen.
Gemeinsam gingen die drei treuen Diener, die nur ihren Herren gedient
hatten, ins Jenseits.
Nach der Schlacht kehrte ein tödlich
verwundeter Lord McDunnan in die Burg zurück, getragen von John. Der
Lord nahm die Hand seiner Tochter, berichtete von Roberts Tod (der
durch eine einfache Erzählung möglich war, da er foreshadow'd
wurde), und gab John die Hand seiner Tochter. Die beiden wurden
verheiratet, wodurch die Endbedingungen für das Stück erreicht
waren. Zwei Protagonisten waren tot (Gregor und William), eine
verheiratet (Judith).
Wir schlossen das Stück mit der
Todesszene des Lords, der über den Stolz klagte, der sein Haus in
den Staub geworfen hatte.
Fazit
Forsooth hat meine ohnehin hohen
Erwartungen auf ganzer Linie erfüllen können. Die wenigen Regeln
bieten gerade so viel Struktur, dass genau das heraus kommt, was
erreicht werden soll: Ein Stück, das Shakespeare geschrieben haben
könnte. Wir waren immer wieder erstaunt, wie „echt“ sich das
Stück anfühlte und waren alle der Meinung, es würde auf einer
Bühne funktionieren.
Natürlich gibt es die Einschränkung,
die für viele Indies gilt: Man braucht aktive Mitspieler, die sich
auf die Spielprämisse einlassen. Das hat bei uns ausgezeichnet
funktioniert, das wird es aber nicht für alle Spieler tun. In
unserem Fall waren wir bald voll in die Thematik eingestiegen und
redeten entsprechend hochgestochen daher.
Mit jeder Szene nahm das Spiel sogar
noch Fahrt auf. Während wir Anfangs noch festlegten, was ungefährer
Szeneninhalt sein sollte, war bei späteren Szenen ohne Absprache
klar, in welche Richtung es ging. Jeder von uns hat Ideen
aufgenommen, weiter gesponnen oder einfach die Situation eskalieren
lassen. Ganz ungewollt hatte das Stück am Ende sogar eine Moral: Die
tugendhafte Tochter und der einfache Schreiber überstehen die
Tragödie, weil sie bescheiden und ehrenhaft bleiben.
Mein einziger Kritikpunkt ist die
Applausvergabe. Nach jeder Szene überlegt man, und das bremst
teilweise den Fluss. Die Applauschips als Fanmail funktionieren zwar,
aber wenn das Stück gelungen ist, ist es am Ende komplett egal,
welche Charaktere „gewinnen“. Andererseits ist der Applaus als
sofortiges Feedback sehr sinnvoll. Judith und der Lord waren die
Gewinnercharaktere, und beide haben die Story gut voran gebracht. Der
Bischof war auch oben dabei, obwohl er selten auftrat. Daraus kann
man direkt schließen, welches Verhalten für die Mitspieler im Sinne
des Stücks funktionieren. Dennoch bleibt die Vergabe störend, da
sie außer des möglichen „Gewinnens“ keine mechanische
Einbettung erfährt.
Trotzdem bleibe ich dabei: Ein
gelungenes Spiel! Ich will gar nicht mit Superlativen um mich werfen,
obwohl ich dazu sehr wohl geneigt bin, lege das Spiel aber jedem ans
Herz, der oder die sich mit der Thematik anfreunden kann. Eine
gewisse Neigung zum Erzählspiel halte ich aber für eine
Voraussetzung.
Wertung: Fünf von fünf
Hamlet-Totenschädeln
Wow, da ist ja jemand schnell mit der Feder.
AntwortenLöschenDanke für den gelungenen Abend und eine dicke +1 zu Deiner Bewertung.
Gestern Abend noch getippt, solange die Eindrücke frisch waren. Trotzdem habe ich einige Details nicht mehr auf die Reihe bekommen: In der Szene, in der Robert und Judith einander vorgestellt wurden, hatte Judith ein Aside. Aber was damit bewirkt wurde... Keine Ahnung.
Löschen- Hmmh, während des Abführens? War das nicht die Tatsache, dass Judith ihren Vater informiert hatte.
AntwortenLöschenEs ging in der Szene bzw. dem Aside darum, dass ich mit Judith meinen Vater über das Treffen der Lady mit Robert informiert hatte.
AntwortenLöschenAnsonsten kann ich nur sagen, dass es selbst nun beim Lesen nochmal Spass machte!
War ein toller Abend!