Mittwoch, 27. April 2011

Spielbericht: Field of Glory

Nach langer Zeit war heute mal wieder etwas Wargaming angesagt. Seitdem ich sie in meine Vitrine verfrachtet habe, kommen meine Flames of War-Truppen eigentlich nicht mehr auf den Spieltisch. Andere Wargaming-Projekte flackern immer mal wieder auf, kommen aber nicht so recht voran. Might and Reason scheitert derzeit zum Beispiel daran, dass ich noch keine passende Herangehensweise zum Bemalen meiner Franzosen gefunden habe. Und im Herzen bin ich eben doch zuerst Rollenspieler.

Irgendwie kommt die Lust am Wargamen immer wieder auf, wenn ich mit Christian, einem Freund und langjährigen Mitspieler, spreche. So auch letztens, und da wir heute Nachmittag beide Zeit hatten, war der Spieltermin schnell gefunden. Außerdem konnte ich die Gelegenheit nicht verpassen, mir die Spielräume des 3TH (Tabletopt-Treff Hannover) anzusehen.

Spielfertige Armeen sind allerdings so ein Problem. Ich habe zwei fertige Kompanien für FoW und Figuren in unterschiedlichen Bemalstadien für Might and Reason sowie Field of Glory. Da Christian auch FoW nur unter schwerem Proxy-Einsatz hätte stemmen können, war das Motto eher „Spielen um des Spielens willen, Optik egal“. Deswegen gibt es auch keine Fotos vom Spiel. Beschriftete Holzbases sind nicht sonderlich sehenswert.

Also haben wir uns an Field of Glory gewagt. Mit dem Regelwerk setzen wir uns seit seinem Erscheinen auseinander. In der ersten Version decken die Regeln Gefechte vor der Einführung des Schießpulvers ab (oder der Nutzung desselben in Massen – Kanonen und Hakenbüchsen gibt es in bestimmten Armeen schon). Dabei werden Armeelisten eines Zeitraums und Kulturkreises immer in einem Armeebuch zusammen gefasst. „Oath of Fealty“ bildet das Hochmittelalter ab, „Storm of Arrows“ das Spätmittelater, „Legions Triumphant“ das kaiserliche Rom. Ihr versteht das Prinzip.

Entgegen der Empfehlung der Autoren haben wir Listen aus zwei verschiedenen Armeebüchern gewählt, nämlich „Oath of Fealty“ und „Storm of Arrows“. Eigentlich sind die Armeelisten so ausbalanciert, dass man innerhalb einer Epoche die beste Spielbalance hat. Für die von uns gespielten Armeen fiel das aber nicht groß ins Gewicht. Römer gegen Ritter wäre aber wohl problematisch gewesen.

So führte Christian Imperial Germans nach Oath of Fealty ins Feld, während ich Continental English nach Storm of Arrows anführte. Jede Liste enthält eine Starter Army, eine Art „Startaufstellung“, die wir der Einfachheit halber nutzten.

Die Aufstellungen:

Christians Imperial Germans:
1x Field Commander
2x Troop Commander
1x Ministeriale
1x Ritter & Sergeanten
1x Berittene Armbrustschützen
1x Brabanzonische Speerträger
2x Feudale Speerträger
1x Armbrustschützen
1x Leichte Bogenschützen

Meine Continental English:
1x Inspired Commander
2x Troop Commander
3x Abgesessene Ritter
4x Langbogenschützen (2x 8 Bases, 2x 6 Bases)

Ja, die Kriegsführung der Engländer im Hundertjährigen Krieg war auf dem Kontinent recht berechenbar...

Christian hatte ein wenig Spielerfahrung mit der Renaissance-Variante von FoG und coachte mich durch das Spiel. Meine letzte Lektüre der Regeln dürfte über zweieinhalb Jahre her sein und FoG ist schon recht komplex. Vieles wird aber im Spiel schnell klar, wenn man die Mechanismen erst mal erfasst. Das rede ich mir zumindest ein. Ich brauch noch etwas Übung, bis ich mit den Regeln firm bin.

Aber zu den Ereignissen auf dem Tisch. Die Startphase ergab als Gelände zwei Kornfelder in Christians Spielhälfte, zentral in seiner Aufstellungszone. Ein großer Weinberg, den ich auf meiner Flanke platzieren wollte, um meine Linie zu verkürzen, wurde durch einen guten Würfelwurf meines Mitspielers wieder vom Feld verbannt. Also standen sich die beiden Armeen auf freiem Feld gegenüber.

Das stellte mich mit meinen langsamen Fußtruppen vor ein Problem. Ich musste meine Flanken vor der gegnerischen Kavallerie schützen und gleichzeitig mit zahlenmäßig unterlegenen Kräften mein Zentrum halten.

Deswegen orientierte ich meine Aufstellung an der Heinrichs V. bei Azincourt. Das Zentrum wurde von meinem Inspired Commander und einer Gruppe Ritter gehalten, die an beiden Seiten von Langbogenschützen unterstützt wurden. Jede Flanke wurde von einer weiteren Gruppe Ritter und einer Gruppe Schützen gehalten, jeweils von einem der Troop Commander befehligt.

Allerdings beging ich direkt in der Aufstellung einen Fehler. Zwischen der linken Flanke und dem Zentrum klaffte eine recht breite Lücke, die geradezu eine Einladung für die gegnerischen Ritter sein musste. Das wirkte sich aber letztlich auf meinen Erfolg aus, aber dazu später mehr.

Die ersten Runden waren ereignislos. Truppen bewegen sich bei FoG recht langsam, außerdem bestanden meine ersten Runden darin, etwas vorwärts zu marschieren, um danach meine Langbogenschützen hinter angespitzten Pfählen zu verschanzen. Dabei hingen meine Flanken etwas hinter dem Zentrum zurück, um Flankenmanöver der Kaiserlichen abfangen zu können.

So marschierten die Deutschen entschlossen auf die Engländer zu. Die linke Flanke wurde von Ministerialen und Bogenschützen bedroht, die rechte Flanke von berittenen Armbrustschützen und Rittern. Im Zentrum rückten Speerträger und Armbrustschützen vor.

In Runde drei gingen die deutschen Ministerialen in Stellung, um an meiner Linken vorbei auf das Zentrum vorzustoßen. Meine Einzige Möglichkeit, eine Katastrophe abzuwenden, bestand darin, meine Stellung am linken Flügel aufzugeben. Ritter und Bogenschützen näherten sich den Ministerialen. Die Ritter versuchten, den direkten Weg auf mein Zentrum zu versperren, die Bogenschützen begannen damit, die Ministerialen zu umgehen. Eine erste Salve vernichtete ein Base der leichten Bogenschützen und brachte die Einheit in Unordnung.

Christian war überrascht, dass ich meine vorteilhafte Verteidigungsposition aufgegeben hatte, hielt aber an seinem Plan fest. Die Bogenschützen gingen im Rücken der Ministerialen in Position, letztere änderten ihre Position leicht, um nicht überrannt zu werden. Der Rest der Armee rückte weiter auf die englische Linie zu, während Pfeile ergebnislos den Himmel verdunkelten.

Leider hatte Christian sich etwas mit seiner neuen Position geirrt. In meiner Runde stürmten die Ritter und Langbogenschützen auf die Ministerialen ein. Die Ritter stürmten auf die Front ein, während die Schützen den Gegner in der Flanke erwischten. Nach der Impact Phase (in der Sturmangriffe ausgeführt und erste Kampfergebnisse bestimmt werden) waren die Ministerialen gebrochen und flohen vom Feld. Meine Flankentruppen verfolgten sie, was mich tiefer in die Flanke der deutschen brachte.

In den nächsten Runden manövrierten die leichten Bogenschützen etwas zurück, immer bedrängt von meinen Truppen, während die Brabanzonen ihnen zu Hilfe eilten. Im Zentrum und auf der rechten Flanke bahnte sich der große Zusammenstoß beider Armeen an.

Die berittenen Armbrustschützen ritten vor den Rittern her auf die Engländer zu, um die abgesessenen Ritter auf der Flanke zu beschießen. Auch hier blieb der Beschuss ohne Ergebnis, nur die englischen Ritter im Zentrum wurden durch die Armbrustschützen zerrüttet.

Allerdings hatten die berittenen Schützen sich zwischen beide Linien manövriert, so das ihnen nur der Angriff auf die Ritter blieb. Sie stürmten in die Reihen der Engländer, die dem Angriff allerdings stand hielten und ein Base der Angreifer vernichteten. In der folgenden Schussphase wurde eine Einheit deutscher Speerträger zerrüttet, bevor die Nahkampfphase den Angriff der berittenen Armbrustschützen beendete. Ohnehin geschwächt brach die Moral der Truppe.

Die Schützen ritten auf ihrer Flucht durch ihre eigenen Ritter und die zweite Einheit Speerträger, was auch die restlichen deutschen Nahkampfeinheiten zerrüttete. Das war für mich ein Glücksfall, denn meine verfolgenden Ritter stürmten direkt in die Ritter und Speerträger der Deutschen. In meiner Runde blieb mir nichts anderes übrig, als ihnen zu Hilfe zu eilen.

Da die deutschen Reiter entweder flohen oder in Nahkämpfen gebunden waren, war es an der Zeit, die spitzen Pfähle spitze Pfähle sein zu lassen. Auf breiter Front gingen die Engländer zum Sturm über. Die Brabanzonen hatten sich bei ihrem Vormarsch verschätzt und gerieten in die Zange zwischen den Rittern auf der linken Flanke und einer Bogenschützengruppe aus dem englischen Zentrum.

Die Ausgangssituation sah für mich sehr gut aus. Die schwerste Infanterie des Gegners in der Flanke gepackt, alle gegnerischen Einheiten in den Nahkämpfen waren bereits angeschlagen (d.h. sie hatten Zusammenhalt bzw. Cohesion verloren – zu viel davon und die Einheit bricht und läuft davon). Meine Einheiten waren, bis auf die Ritter im Zentrum, frisch und hatten keine negativen Auswirkungen aus den Kämpfen davon getragen.

Leider beendete ein Telefonanruf, der Christian zum sofortigen Aufbruch nötigte, das Spiel. Allerdings waren Christian und ich uns beim Abbau einig, dass ein Sieg der Engländer sehr wahrscheinlich gewesen wäre. Die Brabanzonen wären mit nahezu hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit zwischen den zwei angreifenden Einheiten aufgerieben worden. In den anderen Kämpfen hatten die Engländer klar die Oberhand.

Insgesamt war das Spiel, trotz des vorzeitigen Abbruchs, aber unterhaltsam und spaßig. Am Anfang schien es noch statisch zu werden, da meine abwartende Haltung und die lange andauernden Manöver sich etwas zogen. Aber die Aktivität auf der linken Flanke und der Druck, der dadurch auf den restlichen deutschen Truppen lastete, machten das Spiel am Ende richtig spannend.

Wir mussten noch einiges Nachschlagen, aber wenn man dann eingelesen ist, bringt Field of Glory viel Potential mit.

Oh, und die offizielle Nacherzählung dieser Schlacht beinhaltet natürlich meinen brillianten Plan, die gegnerische Kavallerie mittels eines vermeintlichen "Aufstellungsfehlers" in eine Falle zu locken.